ANSPRUCHVOLL ich bin anspruchsvoll geworden. Das Jahr 2024 hat seit kurzem angefangen und die Krankheit schreitet voran. Im April 2023 habe ich eine Schiene erhalten, die mein linker Fuss unterstützt. Im Haus laufe ich selbständig und transportiere meine Habseligkeiten mit dem Rollator, mein LKW. Draussen, wenn der Boden eben ist, laufe ich kurze Strecken alleine oder mit dem Stock. Ab 200 m kommt der Ferrari (das faltbare Rollstuhl) zum Einsatz. In den letzten Monat bin ich ein paarmal gestürzt, Zeichen, dass auch die oberen Muskeln des linken Beins ihren Job nicht richtig tun können. Das Aufstehen von den normalen Stühlen kann ich nur mit Hilfe bewerkstelligen. Bei unseren letzen Besuch in Kino mussten wir uns ein Tutorial in youtube anschauen, damit mein Mann von den tiefen Sesseln rausholen konnte. Das Begriff “sitzenlassen” kann ich sehr gut nachempfinden. Seit August habe ich einen externen Mageneingang, durch dessen, mittels Ernährungspumpe ein Teil der Nährstoffe aufnehme, die mir am Leben halten. Wir haben die Ernährungspumpe Otto genannt, nach dem Sternenkoch Ottolenghi. Jeden Tag, entweder beim Morgenessen oder beim Abendessen wird Otto angeschlossen, dann fliessen, bei einer Geschwindigkeit von 170 ml pro Stunde 250 ml Nahrungsflüssigkeit in meinem Magen. Neuerdings habe ich ein Lager an Ernährungssäcke, Verbindungsröhrchen und Verbandmaterial im Schlafzimmer eingerichtet. Dort schlafe ich nicht mehr, mein Pflegebett thront zurzeit in der Stube. Neben dem Bett steht das Gerät, das meinem Atem in der Nacht unterstützt. Obwohl ich es erst seit vier Monate habe, kann ich ohne das Gerät nicht durchschlafen. Eine zweite Schiene, diesmal für die rechte Hand, sorgt, dass die Finger sich nicht verkrümmen. Es nicht immer angenehm. Schmerzen: diese sind die Neuerscheinung diesen Herbst. Die Muskeln verkümmern, die Haltung verändert sich und die anderen Muskeln versteifen. mein Nacken ist versteift, der Kaumuskel gelegentlich auch und die Schulter schmerzen. Physiotherapie, ständiges Bewegen und Novalgin lindern die Schmerzen, die sonst mir den Schlaf und das Humor rauben. Wehleidig bin ich geworden, das emotionale Nervenkostüm ist fragiler geworden. Es reicht ein berührendes Lied und ich weine, ein halb angedeuteter Witz und ich falle in schallendes Lachen oder Prusten. Sehr hilfreich sind in diesem Fall die Nastücher, die immer bei mir sind oder in den verschiedenen Räumen der Wohnung aufgestellt sind. Anspruchsvoll bin ich geworden, ich habe Anspruch auf ein Behinderten Parkplatz und auf einer Invalidenrente. Was wird als nächsten kommen?